Twitter in der Hochschullehre – Wissensmanagement in 140 Zeichen

In diesem Artikel stellen wir Ihnen ein Konzept zum Einsatz von Twitter in der Hochschullehre vor. Doch was ist Twitter überhaupt? Twitter ist eine Anwendung zum Mikroblogging. Es wird auch als soziales Netzwerk oder ein meist öffentlich einsehbares Tagebuch im Internet definiert. Privatpersonen, Organisationen, Unternehmen und Massenmedien nutzen Twitter als Plattform zur Verbreitung von kurzen Textnachrichten im Internet. Twitter wurde im März 2006 der Öffentlichkeit vorgestellt und gewann schnell international an Beliebtheit. Ende Juli 2011 waren es 200 Millionen registrierte Twitter-Nutzer und jeden Tag kommen ca. 450’000 neue hinzu. Pro Sekunde werden 4’500 Tweets versandt. Wie Twitter funktioniert, wie man sich ein Profil anlegt und zur Erklärung von twitter-spezifischen Ausdrücken konsultieren Sie am besten folgende Support-Seite.

Twitter in der Hochschullehre (aus Hisserich und Pirsch, 2010)

Mittlerweile wird Twitter bereits vereinzelt experimentell in der Lehre genutzt. Die Einsatzmöglichkeiten, die Twitter dabei bietet, stellen kreative Ergänzungen und Alternativen zum Frontalvortrag dar und werden von Studierenden häufig als positive Abwechslung aufgenommen. Ein häufiges Motiv von Lehrenden solch neuartige Web 2.0‐Anwendungen einzusetzen ist es, die Motivation und Mitarbeit der Studierenden mit neuen Mitteln zu steigern. Die wahrgenommene studentische Begeisterung für Web 2.0‐Anwendungen soll dabei für den Unterricht genutzt und im Vergleich zu herkömmlichen E‐Learning‐Angeboten so mehr Interesse für die Inhalte geweckt werden. Dabei ist sowohl die Organisation als auch der Zugang zu den digitalen Werkzeugen einfacher zu gestalten als dies bei herkömmlichen E‐Learning‐Plattformen der Fall war (Herwig et al. 2009).

Das Potential, das Twitter für die Hochschule bietet, liegt dabei in der wichtigsten Eigenschaft des Mediums: Die auf 140 Zeichen beschränkte Länge der Meldungen. Die getwitterten Nachrichten enthalten nur die wesentlichste Information und die Nutzer sind gezwungen ihren Sachverhalt auf den Punkt zu bringen (Kerres und Preussler, 2009).

„As a tool for students or professional colleagues to compare thoughts about a topic, Twitter can be a viable platform for metacognition, forcing users to be brief and to the point – an important skill in thinking clearly and communicating effectively” (Educause Learning Initiative, 2007).

Einsatzmöglichkeiten von Twitter in der Lehre

Kollaboration
Das studentische Arbeiten gestaltet sich zunehmend als naturgemäss kollaborativ, das durch das Aufkommen etlicher neuer (und häufig kostenfreier) Tools in den letzten Jahren einfacher denn je geworden ist (Johnson et al., 2010). Twitter bietet als kostenfreies Tool vielfältige Möglichkeiten, Information und Wissen zu teilen und somit kollaboratives Arbeiten sowie Lernen zu ermöglichen. So eignet sich Microblogging als einfaches und rasches Verweissystem auf Publikationen, Dokumente, Blogs und Internetquellen, wobei nicht nur Verweise, sondern auch beschreibender Kontext mitgeliefert werden. Beispielsweise können durch das Verschicken von lernrelevanten Links dynamische Linksammlungen entstehen, die in Kursen als eine Art digitaler Reader genutzt werden können (vgl. Kerres und Preußler 2009; Hofhues 2010). Durch die Follow‐Funktion und das Anlegen von Gruppen eignet sich Twitter zur Gruppenkommunikation, so dass Studierende darin untereinander und mit ihren Dozierenden kommunizieren können. Simple Absprachen, Erinnerungen an Aufgaben, aber auch Nachfragen und Lesetipps können in Twitternachrichten verpackt werden (Pleil 2009). So schafft Twitter rund um jeden Nutzer ein soziales Netz, das eine intensive Vernetzung der Studierenden miteinander, aber auch eine Vernetzung mit einer großen Wissenschaftscommunity ermöglicht (Hofhues 2010). Twitter hat hier den Vorteil, dass anders als bei der E‐Mail‐Kommunikation das Antworten freiwilliger und schneller vonstatten geht und durch eine kurze Nachricht eine schnelle Beantwortung möglich gemacht wird, ohne dabei bestimmte Leute direkt zu einer Antwort zu verpflichten (Spannagel 2009).

Reflexion und Diskussion
Johnson et al. (2009) fanden in einer Untersuchung heraus, dass Blogs und Microblogs wie Twitter sich vor allem zur Reflexion von persönlichen und beruflichen Fragen eignen, um gemeinsam an einem Produkt zu arbeiten und zu forschen. Des Weiteren kann Twitter eingesetzt werden, um Seminarinhalte zu reflektieren und von Studierenden‐ sowie Dozierendenseite Feedback zu geben. Stieger und Burger (2009) nutzen Twitter in der Lehre beispielsweise zur „formativen Evaluierung“. Hierbei werden die Studierenden jede Woche gebeten, direkt nach der Veranstaltung Feedback via Twitter zu geben. Die Studierenden können hierfür anonymisierte Profile verwenden. Durch das schnelle Feedback kann, verglichen mit einer herkömmlichen abschliessenden (summativen) Evaluation, früher auf das Feedback reagiert werden und Änderungsvorschläge können in die Veranstaltung integriert werden (zit. nach Herwig et al. 2009, S. 28f.). Microblogging kann ebenfalls als Reflexionstool für die Zeit zwischen den Lerneinheiten dienen, zum Beispiel zum Führen von studentischen Lerntagebüchern (ebd.).

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit von Twitter ist das Führen von fachlichen Diskussionen, die dank der 140‐Zeichen‐Beschränkung auf die wichtigsten Aspekte und Fakten reduziert werden müssen. Twitter kann ebenfalls dazu genutzt werden, Studentenfragen während einer Lehrveranstaltung zu sammeln und am Ende der Stunde die wichtigsten Fragen zu diskutieren, ähnlich wie dies bereits bei Podiumsdiskussionen auf Konferenzen stattfindet. Zudem können Fragen auch nach den Veranstaltungen noch über Twitter beantwortet werden (Kerres&Preussler 2009, S. 7ff).

Öffentliche Wissenschaftskommunikation
Hofhues (2010) erwähnt als eine wichtige Funktion von Twitter in der Hochschule, die Öffnung der Wissenschaft nach aussen. Microblogging führt dazu, dass Inhalte spezifischen Öffentlichkeiten gezeigt werden und es somit neben dem von Kerres und Preussler (2009) in diesem Zusammenhang erwähnten Reputationsgewinn zusätzlich zu einer Diskussion und Reflexion des Geschriebenen kommen kann. Durch das Publizieren auf einer öffentlich zugänglichen Web 2.0‐Plattform im Rahmen von Lehrveranstaltungen, öffnet sich der Verfasser einem breiteren, externen (Experten‐)Publikum. Die Einbindung von Öffentlichkeit in die Lehre ermöglicht die Erzeugung einer praxisnahen Lernumgebung und fördert eine öffentliche Wissenschaftskommunikation, die bereits den Nachwuchswissenschaftlern einen Zugang zur Community ermöglicht (vgl. Hagenhoff et al. 2007).

Weitere Erfahrungen aus der Lehre finden Sie in der kompletten Arbeit von Hisserich und Pirsch.

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