Im Rahmen des Usability Netzwerk Schweiz finden regelmässig Vorträge statt, die für die Arbeit und die Angebote der Fachstelle von grossem Interesse sind. So habe ich vor einiger Zeit einen Vortrag zu „Understanding tablet usage: Research insights, trends & design implications“ von Hendrick Müller (Google, Sydney) verfolgen dürfen. Die im Folgenden von mir zusammengefassten Ergebnisse der Forschungsprojekte von Google zu den Einsatzgebieten von Tablets sind auch für die hochschuldidaktischen und medienpädagogischen Fragestellungen und Projektumsetzungen der Fachstelle interessant, da sie Antworten auf folgende Fragen geben: In welchen Kontexten entscheiden sich Nutzer/-innen für Tablets? Wann werden diese dem Rechner auf dem Schreibtisch oder dem Smartphone vorgezogen? Und wozu werden sie genutzt? Darüber hinaus können diese Ergebnisse mit Daten aus der PH FHNW kontrastiert werden.
Im genannten Vortrag wurden zwei Projekte von Google vorgestellt. In einer ersten empirischen Studie wurden 1.611 Teilnehmende gebeten, Tagebuch zu führen über ihren digitalen Mediengebrauch.[1] Auf diesem Weg kamen 9.974 Tagebucheinträge zustande. Die wichtigsten Fakten:
- Für kurze Interaktionen wird zumeist das Smartphone genutzt, je mehr Zeit mit einer Aktivität verbracht wird, desto eher wird ein Gerät mit grösserem Display gewählt.
- Laptops und PCs werden vor allem für produktive und aufgabenorientierte Aktivitäten genutzt, Smartphones eher für kommunikative Aufgaben und vor allem, wenn man unterwegs ist.
- Tablets hingegen werden vor allem zu Hause genutzt und für Entertainment und zum Surfen im Internet.
Die Geräteparks aus Smartphone, Tablet, Laptop und Fernseher geben den NutzerInnen die Möglichkeit, Dinge mit dem einen Gerät zu beginnen und mit einem anderen abzuschliessen. Oder mehrere Geräte gleichzeitig zu nutzen. Im Rahmen unserer Publikation zu Bibliotheken 2.0 haben Ricarda T.D. Reimer und ich uns bereits mit dem Thema Medienbruch beschäftigt. Dieses findet sich auch in der Google Studie:
- 90% aller in der Studie befragten Personen wechseln innerhalb einer Aufgabe zwischen den Geräten. Die dabei genutzten Geräte unterscheiden sich je nach den bearbeiteten Themen- und Aufgabenfeldern: Zumeist werden kommunikative Aufgaben mit dem Smartphone begonnen und dann am PC/Laptop fortgesetzt und beendet. Shopping und das Planen und Organisieren von Reisen und Ausflügen hingegen wird häufig mit dem Tablet begonnen und ebenso am PC/Laptop fortgesetzt und beendet. In jedem Falle entsteht dabei ein Medienbruch. 63% der Befragten geben beispielsweise an, beim Wechsel auf ein anderes Gerät mit der Suche nochmal von vorne zu beginnen.
- 75% der Befragten nutzen gleichzeitig zum Tablet ein zweites Gerät, in 35% der Fälle ist dies das Smartphone.
Was wird nun per Tablet gemacht? Auch das hat Google in einer weiteren Tablet-Studie [2] erforscht:
- 85% der Teilnehmenden nutzen das Tablet zum Bearbeiten von E-Mails
- 58% zum Pflegen sozialer Netzwerke
- 58% zum Suchen und Finden von Informationen
- 52% zum Spielen
- Und nur je 18% schauen sich am Tablet Dokumente an oder überprüfen ihre Kalender.
Interessant sind auch die Kontexte; so werden Tablets für die häufigsten der Tätigkeiten vor allem auf dem Sofa und im Bett genutzt.
Tablet Nutzung (Quelle: Understanding Tablet Use: A Multi-Method Exploration, S. 5)
Diese Ergebnisse von Google lassen sich nun mit Daten unserer Hochschule vergleichen, die wir im Rahmen der Online-Befragung unter Lehrenden und wissenschaftlichen Mitarbeitenden an der PH FHNW erhoben haben. 40,5% der Befragten nutzen ein Tablet, wobei ein knappes Drittel (32,3%) dieses über das Institut angeschafft hat. Tablets werden von den Befragten vor allem zur Internetrecherche und zum Bearbeiten von E-Mails eingesetzt – hier ähneln unsere Mitarbeitenden den Befragten aus der Googlestudie. Aber an der FHNW werden Tablets auch genutzt, um beispielsweise in Besprechungen Notizen zu erstellen – was aus meiner persönlichen Sicht an einer Flächenhochschule wie der unseren ein sinnvoller Einsatz ist.
Einsatz Tablets an der PH FHNW (2013)
Was bedeuten die Ergebnisse der Googlestudie und unserer PH-Befragung nun für uns von der Fachstelle und für die Lehrenden der PH? Zunächst sind die Medienbrüche zu beachten. Wenn von einem Gerät zum nächsten gewechselt wird, ist zu fragen, warum das zuerst genutzte Gerät nicht ausreicht, um begonnene Aufgaben abzuschliessen. Eventuell sind die benötigten Anwendungen nicht im responsive design gestaltet. Oder aber die Nutzung ist auf Grund der Display-Grösse unbequem. Dann sollte, wenn ein Wechsel unumgänglich ist, zumindest der Zwischenstand der Arbeit gespeichert und mit dem Folgegerät wieder aufrufbar sein (z.B. über Nutzerkonten, die auch Zwischenergebnisse speichern oder Suchverläufe dokumentieren). Dies trifft für uns an der PH natürlich in besonderem Masse zu, wenn man als Mitarbeitende häufig mit dem Tablet unterwegs ist und dann, am Standort, wieder auf andere Geräte wechselt.
Und nicht zuletzt sollte man sich bewusst machen: Tablets sind – wie alle anderen Medien auch – keine eierlegenden Wollmilchsäue. Für die aktuellen Tablets gilt, dass sie sich für manche Aktivitäten besonders eignen und für andere eben weniger. Auch hier gilt folglich der Method-Media-Match: Wir passen die Wahl der Geräte und Anwendungen an unsere Bedarfe und Ziele an – nicht umgekehrt. Das gilt in besonderem Masse auch für den Einsatz von Tablets in der Lehre. Grundsätzlich sollte sich der Einsatz digitaler Technologien in Lehre und Forschung am Gegenstand, d.h. der inhaltlichen Ausrichtung und den eigenen Bedürfnissen sowie Fragestellungen orientieren; im Vordergrund sollte nicht die Hard- oder Software stehen.
Abschliessend möchten wir Sie auf unsere Präsenzveranstaltung zum Themenfeld „Mobiles Lehren und Lernen“ (E-Labor) und zudem auf das Weiterbildungsangebot für den Einsatz von „Tablets in der Lehr-/Lernszenarien“ hinweisen.
[1] The New Multi-Screen World Study: http://www.google.com/think/research-studies/the-new-multi-screen-world-study.html
[2] Understanding Tablet Use: A Multi-Method Exploration: goo.gl/6B7Fq