Als Leiterin der E-Learning Kontaktstelle der FHNW (ELK) und Schirmherrin der am 26.11.2014 durchgeführten Veranstaltung zum Thema „MOOC“ ist es mir eine besondere Freude den Leser/-innen unseres Blogs einen Gastblogbeitrag zu den Erfahrungen von MOOCs an der FHNW von Jonas Kiener (E-Learning-Beauftragter der Hochschule für Angewandte Psychologie – APS) anzukündigen.
Erfahrungen mit unserem MOOC
In der Rolle des E-Learning-Beauftragten sowie als leidenschaftlicher Medienproduzent möchte ich von unseren Erfahrungen mit dem Massive Open Online Course (MOOC) an unserer Hochschule berichten. Meine Einschätzung ist subjektiv und widerspiegelt keineswegs die Haltung der APS oder gar der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). MOOCs werden sehr kontrovers diskutiert und nicht alle Beobachter/-innen und Beteiligte sehen den Trend oder das Phänomen so positiv, wie die Medienberichte dies glauben machen wollen.
Was ist ein MOOC?
Ein MOOC kann vereinfacht als eine kostenlose und zugangsoffene Weiterbildung, zumeist eine Veranstaltung, ein Kurs einer Hochschule mit vielen Teilnehmer/innen beschrieben werden, der zum Teil auch ausschliesslich online abgehalten wird. Es gibt zahlreiche MOOC-Plattformen, auf denen diese Kurse angeboten werden. Eine Aufzählung aktueller MOOC-Kurse kann hier eingesehen werden.
MOOCs sind charakterisiert durch eine Kursstruktur mit einem definierten Anfangs- und Enddatum, strukturierte Einheiten mit didaktisch aufbereitetem Material sowie Elementen für die Lernkontrolle. Hauptbestandteile sind (Lern-)Videos, Lesematerial, wie Folien oder Texte, sowie Quizze für die Überprüfung des Gelernten. Begleitet werden diese Kurse meist durch spezielle Kommunikations- und Kollaborationsgefässe wie Foren oder Wikis. Zu betonen ist die grobe Unterscheidung zwischen x- und cMOOCs. xMOOCs (x = extended) orientieren sich klar an einer Vorlesung, die als E-Lectures zur Verfügung stehen, diese dominieren im allgemeinen die Diskussion zum Thema MOOCs. cMOOCs (c = conncectivism) sind eher mit einem Seminar vergleichbar und leben somit von den gemeinsamen Online-Diskussionen und der Erarbeitung von Lernerzeugnissen denn von der linearen Abarbeitung von Wissensinhalten.
Unser MOOC – unsere Absichten
Der MOOC der APS mit dem schlichten Namen „Einführung in die Arbeitspsychologie“ von unserem Direktor und Dozenten Prof. Dr. Heinz Schüpbach umfasste zehn Kapitel und lehnte sich stark an die gleichnamige Präsenzvorlesung an.
Es war uns ein Anliegen, mit dem MOOC die Bekanntheit der Hochschule für Angewandte Psychologie und insbesondere den Schwerpunkt der Arbeitspsychologie zu steigern, die Erfahrungen im Bereich E-Learning und Medienproduktion zu erweitern und zudem eine Begleitforschung mit den gesammelten Tracking-Daten zu ermöglichen. Anders als an anderen Hochschulen war dieses MOOC ein Pilot, ein Abtasten von möglichen Vor- und Nachteilen.
Gesammelte Erfahrungen
Wie in der Wissenschaft üblich möchte ich meine Erfahrungen anhand der gesteckten Ziele gliedern und den Artikel mit einem kurzen persönlichen Fazit beenden.
Obwohl der Eindruck entstehen könnte, dass MOOCs medial bereits wieder „out“ sind, wurde eine entsprechende Medienmitteilung von diversen Zeitungen sowie dem Lokalradio aufgegriffen und publiziert. Es zeigte sich, dass sich in unserem MOOC rund 3600 Personen eingeschrieben und somit Kenntnis von unserem Studiengang sowie Schwerpunkt genommen haben. Zudem wurde unser MOOC auf zahlreichen E-Learning-Webseiten rezitiert. Summa summarum kann die erste Absicht als erfüllt taxiert werden.
Unsere Erfahrungen sind sehr mannigfaltig – von Dingen, die ich bei einer nächsten Durchführung genau gleich machen würde sowie kleineren und grösseren Fehleinschätzungen, die es bei einer nächsten Umsetzung zu vermeiden gilt. Als positiv kann sicherlich die Zusammenarbeit mit den zahlreichen studentischen Hilfskräften bezeichnet werden – insgesamt sechs Personen waren an diesem Projekt beteiligt. Obwohl die meisten von ihnen keine praktischen Erfahrungen im Bereich E-Learning oder der Medienproduktion hatten, gestaltete sich die Arbeit mit ihnen als sehr angenehm und effizient. Auch sehr positiv ausgewirkt hat sich die Zusammenarbeit mit der versierten Dozentin Prof. Dr. Carmen Zahn, die uns bei zahlreichen medienpsychologischen Belangen beraten hat. Dieser Support war vor allem in der Anfangsphase sehr wichtig. Die Strategie „weniger ist mehr“ hat sich als vollkommen richtig herausgestellt. Die Konzentration auf Videos, Quizfragen sowie ein umfangreiches Glossar hat sich als weise Entscheidung entpuppt. Auch die eher langen Videos wurden von den Teilnehmenden nicht als störend empfunden. Das virtuelle Treffen „Meet-the-Expert“ zum Thema „Arbeit und Gesundheit“ mit dem Dozenten wurde von den MOOC-Studierenden als sehr bereichernd und lehrreich eingestuft.
Eine wichtige Erfahrung war sicherlich die Unterschätzung des Aufwands, insbesondere im Bereich der Ein- und Umgewöhnung und der Qualitätskontrolle. Eine Vorlesung in einem vollen Hörsaal zu halten, ist etwas komplett anderes, als die Folien für einen MOOC umzustrukturieren und „nur“ in eine Kamera zu dozieren. Da MOOCs öffentlich und für ein wirklich grosses Publikum gedacht sind, ist der Anspruch an Qualität sehr hoch und der Aufwand entsprechend gigantisch. Ein kurzes Durchsehen reicht nicht, sondern es war häufig eine Dreifachkontrolle nötig. Auch musste das Urheberrecht beachtet werden, was bspw. aufwändige Bildersuchen nach sich zog. Da wir keinen fixen Raum für die Produktion zur Verfügung hatten, musste das Studio immer wieder auf- und abgebaut werden, was erstens einen erheblichen Zeitaufwand bedeutete und zweitens eine gleichbleibende Qualität der einzelnen Videos sehr erschwerte.
Inwieweit das dritte Ziel der Forschung erreicht werden konnte, ist momentan noch offen. Aktuell werden die gesammelten Daten aufbereitet und ausgewertet. Im Kern ging es um die Frage, ob die aktive Videonutzung innerhalb der MOOCs die Leistungen (Resultate der Quizze) beeinflusst. MOOCs ermöglichen durch die hohen Fallzahlen die Beantwortung vieler interessanter und lernpsychologisch relevanter Fragestellungen. Nicht zu Unrecht wird „learning analytics“ als ein möglicher Vorteil dieser Lehr-Lernform genannt.
Fazit
Unser MOOC war „klein aber fein“, durchaus professionell, aber nicht grenzenlos aufwändig, sowohl für die Produktion als auch für die Rezipient/innen. Es gab keine Hausaufgaben oder Zwangsprüfungen, noch fand eine ausgebaute Onlinekommunikation mit dem Dozierenden statt. Insgesamt hat der MOOC 900 Arbeitsstunden seitens der Organisator/-innen verursacht, aber diese sind durch den Pilotcharakter sehr gut erklärbar. Die Kleinheit zeigte sich zum Beispiel auch mit dem Verzicht auf interaktive Elemente, Prüfungszertifikate oder 24-h-Antwort-Garantien. Inhaltlich wurden aber keine Abstriche gemacht, im Gegenteil, dem MOOC wurde ein sehr hohes akademisches Niveau zugesprochen.