Das Wiki „Lernen sichtbar machen“ – offene Lernressource mit Potenzial

Im Nachgang an die gemeinsam mit der Professur Bildungsmanagement, Schul- und Personalentwicklung an der PH FHNW durchgeführte Appetit-Veranstaltung vom 30.06.2016 stellt Claudia Dünki, wissenschaftliche Assistentin an der Professur, das Wiki „Lernen sichtbar machen“ vor und erläutert, wo die Herausforderungen bei der Weiterentwicklung des Wikis liegen. Der abschliessende Teil zeigt aus Sicht der Fachstelle das Potenzial des Wikis als Open Educational Ressource (OER) und wie es die OER-Bewegung unterstützen kann.

Projekt www2 / Lernen sichtbar machen

Im Mai 2013 startete das von der Stiftung Mercator Schweiz und dem LCH geförderte Projekt www2 / Lernen sichtbar machen. www2 steht für Wissen was wirkt: World-Wide-Web-gestützt Ergebnisse der Bildungsforschung nutzen, um optimales Lernen von Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen“. Das Projekt www2 wird von einem Team am Institut Weiterbildung und Beratung der Pädagogischen Hochschule FHNW koordiniert. Zentral geht es in www2 seit 2013 darum, die Professionalität von Lehrpersonen zu stärken. Lehrpersonen sollen unterstützt werden, ihr tiefes berufliches Erfahrungswissen aktiv und nach eigenen Interessen mit wissenschaftlichem Wissen zu kombinieren. Einen exemplarischen Einblick in das Projekt gibt der Newsletter.

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Im Rahmen des Projekts wird ein zu den Büchern von John Hattie ergänzendes (zu einem grossen Teil Online-) Angebot entwickelt und umgesetzt. Hauptziel von wwwist es, dieses kompakte wissenschaftliche Wissen für Interessierte leicht zugänglich zu machen. Dem dient das seit drei Jahren ausgebaute Online-Angebot. Es besteht u. a. aus der Website www.lernensichtbarmachen.net sowie einem Faktoren– und einem Glossar-Wiki. Alle Inhalte sind für Interessierte kostenlos zugänglich und nutzbar. Die aufbereitete Wissensbasis gibt Anregungen, wie Schule und Unterricht evidenzbasiert weiterentwickelt werden können. Professionelle des Bildungsbereichs erhalten schnellen und direkten Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen in einer grossen Themenbreite. Gegliedert ist das Wissen nach 150 Faktoren, die Einfluss nehmen auf das Lernen und die Lernergebnisse von Schülerinnen und Schülern.

Faktoren-Wiki

In der Appetit-Veranstaltung  vom 30.06.2016, dem Webinar-Format der Fachstelle, thematisiert Prof. Dr. Wolfgang Beywl, Projektleiter sowie Leiter Professur Bildungsmanagement, Schul- und Personalentwicklung an der PH FHNW, vor allem das Faktorenwiki. Hier sind alle 150 Faktoren sowohl alphabetisch als auch nach den sechs Domänen gemäss Hattie erschlossen (Lernende, Elternhaus, Schule, Lehrperson, Curricula und Unterrichten). Jede Faktorenseite enthält eine Definition sowie Angaben zur Effektstärke. Ergänzend sind Materialien für die Praxis (falls vorhanden) und weiterführende insbesondere deutschsprachige Literatur und Studien aufgeführt. Dadurch kann effizient nach vertiefenden und aktuellen Informationen gesucht werden. Zudem sind weitere Faktoren, die in diesem Zusammenhang interessant sind, verlinkt.

Vorrangig werden die Faktoren der beiden Domänen „Lehrperson“ und „Unterrichten“ gepflegt. Ein gut ausgebauter Faktor ist z. B. die Lehrer-Schüler-Beziehung aus der Domäne Lehrperson.

Das Wiki wird vom Projektteam Lernen sichtbar machen ständig ergänzt und erweitert.

Qualitätssicherung

Um die Qualität der Angaben zu sichern, lassen sich Änderungen auf der Begriffsseite nur nach Eingabe von Benutzername und Passwort vornehmen. Diese können via Kontaktformular auf der Website oder E-Mail angefordert werden.

Auf der Diskussionsseite kann jede interessierte Person ohne Anmeldung Hinweise und Informationen zu den Faktoren geben. Bis anhin sind aktive Beiträge eher selten (wie beispielsweise auf der Diskussionsseite beim Faktor Micro-Teaching). Das Projektteam sichtet diese Beiträge. Anschliessend überträgt es diese auf bzw. verlinkt diese mit der Begriffsseite. Dieses Vorgehen hemmt einerseits eine einfache Beteiligung durch viele Benutzer/-innen, stellt andererseits aber die fachliche Qualität des Wikis sicher und schützt vor Spam und Malware.

Interessierte und Aktive gesucht

Längerfristiges Ziel ist, dass sich zunehmend mehr Bildungsinteressierte an der Fortführung des Wikis beteiligen. Im Moment beschäftigt das Team vor allem die Frage, wie das Wiki noch weiter ausgebaut und Faktoren integriert werden können, die noch nicht erfasst sind, und wie Fachpersonen zur aktiven Mitarbeit gewonnen werden können. Es interessiert vor allem, welche Anreize bestehen müssen, damit von Externen am Wiki mitgearbeitet wird. Gerne würde das Projektteam auch mehr (Praxis-)Projekte und (deutschsprachige) Studien bei den Faktoren verlinken. Ebenso ist es auch an Praxisberichten von Lehrpersonen und/oder Lehrenden in der Weiterbildung zum Themenumfeld Lernen sichtbar machen interessiert (Mail).

Mit Blick auf die Einbindung von Personen, die zu Akteuren des Projektes werden können und überdies auf die Nutzungsmöglichkeiten der Wiki-Inhalte, spannt sich ein Bogen zum Themenfeld OER.

Anforderungen an die Lizenzierung der Inhalte

Open Educational Resources (OER) sollen grundsätzlich freie Bildungsmaterialien sein, ihre „Offenheit“ widerspiegelt sich darin, dass die Materialien „…dank entsprechender Lizenzierung ohne zusätzliche Erlaubnis bearbeitet, weiterentwickelt und weitergegeben werden dürfen“ (Bündnis Freie Bildung 2015). Das Wiki „Lernen sichtbar machen“ steht unter der Creative Commons Lizenz BY-NC-ND. Die Inhalte dürfen mit Namensnennung im nicht-kommerziellen Kontext frei verwendet werden, das Anbringen von Veränderungen und Remixen wird jedoch eingeschränkt. Dies ist aus OER-Perspektive eher einengend, das Beibehalten des Ursprungs der Materialien wird dadurch aber gewährleistet.

Kollaboration und Vernetzung ist kein Selbstläufer

Der OER-Gedanke fördert die „partizipative Medien- und Lernkultur“ (Ebner et al. 2016, S. 13), was wiederum aber auch eine der grössten Herausforderungen darstellt. Die durch das Wiki „Lernen sichtbar machen“ angestrebte Vernetzung mit Lehrpersonen oder/und verschiedener Bildungs-Communities ergibt sich nicht von selbst. Es sind entsprechende Marketingmassnahmen und Öffentlichkeitsarbeit notwendig, mit denen die Zielgruppen konkret angesprochen werden. Erfolgsfaktoren für die aktive Teilnahme sind neben persönlichen Vorteilen der Wissensaneignung vor allem soziale Aspekte wie Selbstwirksamkeit, Gemeinschaftssinn und Vertrauen gegenüber der Plattform (vgl. Stadler 2015). Diese Aspekte werden im Wiki insbesondere durch die zu den Faktoren ergänzenden Praxisberichten der Lehrpersonen unterstützt. Aber auch die Einbettung des Wikis in andere Ebenen wie bspw. Tagungen und Veranstaltungen wie das Webinar vom 30.06. fördern das Vertrauen und die Vernetzung.

OER als Potenzial für (Hoch-)schulen

Das Wiki „Lernen sichtbar machen“ bewegt sich in die Richtung zur OER, es zeigt sich, dass Ausbau- und Entwicklungspotenzial vorhanden ist. Weiter findet durch die stetige Einbindung des Themas OER eine Sensibilisierung gegenüber dieser Thematik an Schulen und Hochschulen statt, um den freien Bildungszugang zu fördern (vgl. Reimer, Edinger 2014). Und – nicht zuletzt hat diese Offenheit die Kooperation der Fachstelle Digitales Lehren und Lernen in der Hochschule mit dem Team der Professur ermöglicht und wird weiter ausgebaut.

Die vollständige Aufzeichnung der Appetit-Veranstaltung vom 30.06.2016 finden Sie hier.

Die Präsentationsfolien von Nadja Böller stehen als hier zum Download zur Verfügung (PDF, 2 MB, Lizenz CC-BY).

Im Anschluss an die guten Erfahrungen mit dem Webinar-Format ist von der Professur Bildungsmanagement, Schul- und Personalentwicklung der PH FHNW eine weitere Appetit-Veranstaltung zum Weiterbildungsformat LUUISE geplant. Sobald das Datum feststeht, wird über die unterschiedlichen (Social Media-)Kanäle und Newsletter beider Organisationseinheiten der PH FHNW das Webinar ausgeschrieben.

Literaturangaben

  • Bündnis Freie Bildung (2015): Der Weg zur Stärkung freier Bildungsmaterialien. Positionspapier Stand Februar 2015. Online verfügbar unter http://buendnis-freie-bildung.de/positionspapier-oer/
  • Ebner, Martin; Freisleben-Teutscher, Christian F.; Gröblinger, Ortrun; Kopp, Michael; Rieck, Katharina; Schön, Sandra et al. (2016): Empfehlungen für die Integration von Open Educational Resources an Hochschulen in Österreich. Arbeitsgruppe „Open Educational Resources“ des Forum neue Medien in der Lehre Austria (fnm-austria): Forum neue Medien Austria. Online verfügbar unter http://fnm-austria.at/fileadmin/user_upload/documents/Buecher/2016_fnma-OER-Empfehlungen_final.pdf
  • Reimer, Ricarda T.D.; Edinger, Eva-Christina (2014): Open Schweiz eine (selbst-)kritische Einschätzung aktueller Initiativen und Projekte zum Themenfeld Open Education Resources (OER). In: Missomelius, Petra/Sützl, Wolfgang/Hug, Theo/Grell, Petra/Kammerl, Rudolf (Hg.). Medien Wissen Bildung: Freie Bildungsmedien und Digitale Archive. Innsbruck: Innsbruck University Press. S. 257-276. Online verfügbar unter http://www.uibk.ac.at/iup/buch_pdfs/freie-bildungsmedien_web.pdf
  • Stadler, Martina (2015): Was macht OER-Projekte erfolgreich? Eine Analyse von Erfolgsfaktoren von Projekten zu offenen Bildungsressourcen (OER) im schulischen Kontext. Norderstedt: Books on Demand (Beiträge zu offenen Bildungsressourcen, 9). Online verfügbar unter http://l3t.eu/oer/images/band9_OERProjekte.pdf

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